Einführung einer Kindergrundsicherung

Fachaustausch, 9. November 2023 in Berlin

Fachaustausch der Landesarbeitskreise und Fachverbände: 
Gesetzentwurf zur Einführung einer Kindergrundsicherung

 

Auch 2023 nutzten wir das jährliche Treffen unserer Mitglieder für einen gemeinsamen Fachaustausch mit den Landesarbeitskreisen und den Fachverbänden der eaf: Diesmal war das Thema das Vorhaben der Ampelkoalition zur Einführung einer Kindergrundsicherung.

Der erste fachliche Input kam von René Wendt, dem koordinierenden Referenten der AG Kindergrundsicherung im BMFSFJ. Er berichtete über die Arbeit der Interministeriellen Arbeitsgruppe (IMA) und stellte den aktuellen Gesetzentwurf zur Einführung einer Kindergrundsicherung vor, der zeitgleich zu unserem Fachaustausch am 9. November 2023 in erster Lesung im Bundestag beraten wurde. Demnach soll die Kindergrundsicherung mit den drei Komponenten Kindergarantiebetrag, Kinderzusatzbetrag und Wohnkostenpauschale zukünftig das Existenzminimum des Kindes abdecken. Die Verteilschlüssel für Instandhaltung und Wohnfläche werden verändert und erhöhen die Regelbedarfe um zwischen 20 und 28 Euro, der Sofortzuschlag in Höhe von 20 Euro wird dafür gestrichen. Die Zusammenführung vorhandener Leistungen soll im Zusammenwirken mit dem Kindergrundsicherungscheck, einer proaktiven Information von Familien über einen möglichen Leistungsanspruch, zu einer höheren Inanspruchnahme der Leistungen führen. Als zentrale Anlaufstelle und „Frontoffice“ für Familien soll der Familienservice der Bundesagentur für Arbeit dienen. Dort soll auch die Entgegennahme von Anträgen für andere Leistungen, z.B. Bürgergeld, möglich sein. Der Gesetzgebungsprozess soll 2024 abgeschlossen werden, so dass die Kindergrundsicherung 2025 erstmals ausgezahlt werden kann.

Im zweiten Input kommentierte Paula Wenning, Fachreferentin für Soziale Sicherung beim Kinderschutzbund Bundesverband e.V. und Koordinatorin für das Bündnis Kindergrundsicherung, den vorliegenden Gesetzesentwurf zur Einführung einer Kindergrundsicherung aus Sicht des Bündnisses. Sie stellte die langjährige Arbeit des Bündnisses Kindergrundsicherung vor und erläuterte dessen Kernforderungen an die neu konzipierte Leistung, die Grundlage für eine Bewertung des Gesetzentwurfs sind. Wie auch die eaf kritisiert das Bündnis die fehlende systematische Neuberechnung des Existenzminimums und die nur punktuellen Besserstellungen einzelner Gruppen. Auch bezweifelt das Bündnis nach der bisherigen Konzeption, dass es tatsächlich nur eine Ansprechstelle für alle Familien geben wird, sondern sieht vielmehr die Gefahr, dass es für viele komplizierter wird. Weiter sieht das Bündnis Nachbesserungsbedarf, damit Alleinerziehende besser profitieren und Leistungen auf Bildung und Teilhabe unbürokratischer bezogen werden können. Nicht alle Kinder werden erreicht: Kinder im Asylbewerberleistungsgesetz bekommen keine Kindergrundsicherung und verlieren zudem den Sofortzuschlag von 20 Euro.

Sigrid Andersen, Wissenschaftliche Referentin in der eaf-Bundesgeschäftsstelle, moderierte die anschließende Diskussion. Sie wies auf die Stellungnahme der eaf zum Referentenentwurf und auf die Prioritäten der eaf im parlamentarischen Verfahren zur Kindergrundsicherung hin, die mit einer Pressemitteilung und Stellungnahme anlässlich der Anhörung im Familienausschuss des Deutschen Bundestages am 13. November 2023 verschickt werden. Die eaf wird das Gesetzgebungsverfahren, das möglicherweise noch bis in den Vermittlungsausschuss führt, aufmerksam weiter begleiten.

Da unser Fachaustausch in diesem Jahr mit dem 9. November an einem historischen Datum (Tag des Mauerfalls) stattfand, führte unsere Exkursion uns diesmal in den „Tränenpalast“ – die Ausreisehalle des ehemaligen Grenzübergangs von der DDR nach Westberlin – wo wir an einer Führung durch die Dauerausstellung „Ort der deutschen Teilung“ teilnahmen.